Kanarienvogelzucht im Internet

von

Frank Parakenings

 

Internet hier, Internet da! Überall, wo man hinhört, rauschen einem Wörter wie E-Mail, Internet, WWW, E-Commerce oder Online-Shopping entgegen. Es scheint keine Lebensbereiche mehr zu geben, die nicht online zu erreichen sind. Doch wie sieht es mit einem so bodenständigen Hobby wie der Kanarienvogelzucht aus? Gibt es so etwas wie „virtuelle Kanarienvögel“? Nicht ganz, aber in Ansätzen!

Lassen Sie uns Ihnen zwei ganz besondere „Kanarienvogelecken“ in der Welt des Internets vorstellen: Gestatten: die Canary-List und die Abba-List!

Beides sind sogenannte Mailinglisten. Mailinglisten sind thematisch organisierte Diskussionsforen, die eine Mitgliedschaft benötigen. Ja, liebe Leser, ganz so frei, wie die Werbung es suggeriert, ist das Internet nicht! Mailinglisten machen sich einen bestimmten Dienst des Internets zunutze. Elektronische Post, kurz E-Mail, hat ja den Vorteil, dass Nachrichten fast ohne die lästige Zustellungszeit an den Empfänger verteilt werden. Bei einer Mailingliste, hat nun der Postbote, der hier im Fachchinesisch „Postmaster“ oder „Mailserver“ heißt, eine Liste aller E-Mailadressen der Teilnehmer. Jede Nachricht an die Mailingliste  wird an alle Listenteilnehmer als Kopie zugestellt. Also eine gigantische Verteilerleistung, die über den konventionellen Weg der Postverteilung nicht organisierbar wäre. Somit ist per Rundschreiben jedes Mitglied jederzeit auf dem aktuellen Stand der einzelnen Diskussionsfäden. Jede Mailingliste hat ihren eigenen An- und Abmeldemodus, so dass die Mitgliedschaft leicht realisierbar ist. Jedes Mailinglistenmitglied kann also jederzeit (Elektronische Postämter haben 24 Stunden geöffnet!) allen anderen Mitgliedern Nachrichten zukommen lassen. Somit entwickeln sich also regelrechte Diskussionsforen, die fast ohne Zeitverzögerung funktionieren.

Die Canary-List ist eine sehr große und schon längere Zeit gewachsene Mailingliste zum Thema Kanarienvögel. Gegründet wurde sie von der leider schon verstorbenen Sharon Krantz im Jahre 1996. Zur Zeit wird sie von Adrien Taylor von der Boise State University in Idaho/USA verwaltet. Mehr als 500 Mitglieder aus allen Kontinenten zeichnen diese wirklich multikulturelle Mailingliste aus. Leider sind alle E-Mails in Englisch verfasst, aber die Diskussionen haben es wirklich in sich. Alle international namhaften Kanarienzüchter sind vertreten und geben bereitwillig zu allen Themen Auskunft. Auch hier sorgt der Administrator, Adrien Taylor, für einen sehr kameradschaftlichen Umgang miteinander. Alle fühlen sich als Mitglieder einer weltweiten Kanarienzüchterszene und gehen entsprechend miteinander um. Die berühmten Kanarienbuchautoren Geoffrey B. Walker (England) und Linda S. Hogan (USA) zählen genauso zu den Mitgliedern wie die bekannten Züchter Graham White (Schottland), Jim Clever (USA) oder der in den USA bekannte Zuchtrichter für Gloster Don Perez. Die technische Administration wird von Dorothée Sensen aus Deutschland übernommen. Leider sind zur Zeit – wahrscheinlich wegen der Sprachbarriere – nur drei deutsche Züchter in der Mailingliste aktiv. Neben der bereits erwähnten Doro Sensen ist das der Autor dieses Artikels,  der Berliner Frank Parakenings und Dr. Hans Claßen aus Rheinmünster. Zu erreichen ist die Canary-List unter http://members.aol.com/CanaryList/ . Die Teilnahme an der Mailingliste ist kostenlos, die Anmeldeprozedur unproblematisch. Wer zunächst einmal die Archive der Mailingliste durchstöbern möchte, kann dies online unter http://listserv.boisestate.edu/archives/canary.html tun.

Es werden alle Themen, die einem Kanarienvogelzüchter am Herzen liegen erschöpfend diskutiert: Man bekommt Anregungen zur Eifutter-Herstellung aus Argentinien, Grünfutterpflanzen aus Neuseeland oder Informationen zur Zusammensetzung der Futtermischungen aus Mexiko. Wie ist die Kanarienvogelszene in Syrien organisiert? Welche Preise haben Harzer Roller in Hongkong? Welcher Standard existiert in Australien? Mausern Kanarien in Florida genauso wie in Vancouver/Kanada? Welche veterinärrechtlichen Schwierigkeiten haben Vogelzüchter im US-amerikanischen Bundesstaat Arkansas zu bewältigen und welche in Nordrhein-Westfalen? Darf man in Brasilien rote Pariser Trompeter ausstellen? Stammt der Lizzard vom London Fancy ab? Und was, zum Kanarienteufel, sind Columbus Fancy?

Die tägliche Anzahl der E-Mails in der Canary-List ist nicht zu unterschätzen. Zwischen 25 und 60 E-Mails werden so täglich verfasst, an Wochenenden auch schon mal 100. Es kostet einige Zeit, die einzelnen Diskussionsfäden im Auge zu behalten. Und hier liegt auch die Gefahr: So informativ die Canary-List auch ist, es ist oftmals schwierig alle Nachrichten zu lesen und zu verstehen. Oft geht es um inneramerikanische Angelegenheiten, die Mitglieder aus anderen Kontinenten nicht nachvollziehen können. Um seine eigenen sprachlichen Fähigkeiten muss man sich als Deutscher allerdings kaum Sorgen machen. Alle Mitglieder, vor allem die englischsprachigen, sind sehr nachsichtig, wenn ein Mitglied mehr schlecht als recht versucht, seine Meinung zu einem Thema zum Ausdruck zu bringen. Im Gegenteil, man bekommt häufig sogar aufmunternde Worte. Amerikaner und Briten honorieren alleine die Tatsache, dass man versucht, in ihrer Sprache zu kommunizieren. So eine weltweit agierende Mailingliste lebt von solchen Versuchen! Also, liebe Kanarienfreunde, geht online und nehmt an den „virtuellen Kanarienvereinen“ teil, Sie werden mehr Neues erfahren als Sie vermuten!

 

Die Abba-List (http://groups.yahoo.com/group/ABBASEEDBIRDSQANDA/) wurde 2000 vom US-amerikanischen Kanarienzüchter Gino Abbate gegründet und unterscheidet sich nur geringfügig von der Canary-List. Auch hier ist die Verkehrssprache Englisch. Das Mailing-Aufkommen ist aufgrund der geringeren Mitgliederzahl in der Regel auch kleiner,  jedoch sind die Themen zumeist etwas anspruchsvoller, was nicht heißen soll, dass Anfängerfragen nicht bereitwillig beantwortet und diskutiert werden.

Abschließend kann man nur sagen, dass diese Mailinglisten, auch wenn sie in englischer Sprache betrieben werden, eine Bereicherung unseres Hobbys darstellen. Es macht einfach Spaß, mit Zuchtfreunden aus aller Herren Länder über Kanarienvögel zu diskutieren. Und das alles vom heimischen PC aus! Die Anregungen, die man dort erhält, kommen unseren Pfleglingen zugute. Und das ist es doch, um das es geht! Oder?

Ach ja, ehe ich es vergesse, den Autor können Sie unter parakenings@varius-berlin.de via E-Mail erreichen.

 

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